Jahresrückblick 2007

Jahresrückblick 2007

„Groß sind die Werke des Herrn, kostbar allen, die sich an ihnen freuen.“ – Psalm 111:2

Wieder einmal geht ein Jahr zu Ende, viel zu schnell, denkt man manchmal. Die Zeit ist schnelllebig geworden – oft fehlt einem die Zeit und manchmal auch die Kraft einzelne Ereignisse und Begegnungen richtig wahrzunehmen und sich daran zu freuen. Aber gerade die letzten Tage des Jahres 2007 sind ein guter Zeitpunkt sich zu erinnern, Danke zu sagen und sich Ziele für das neue Jahr zu setzen. Das vergangene Jahr, insbesondere die drei Monate, die seit dem letzten Rundbrief vergangen sind, waren angefüllt mit viel Arbeit, einigen Überraschungen und beeindruckenden Begegnungen.

Ganz frisch sind noch die Eindrücke von unserer Weihnachtsfeier mit den Eltern und Verwandten unserer Sprösslinge. Diesmal hatten wir sogar Schnee – für Odessa eine echte Seltenheit! Trotzdem mussten wir nicht frieren, denn eine Fensterfirma aus Odessa hatte sich kurzfristig entschieden, die maroden sowjetischen Fenster im Tageszentrum durch neue Plastikfenster zu ersetzen. Ein uns bis vor zwei Wochen noch unbekannter Mann hat mehr als 5000 US-Dollar investiert, um uns eine Freude zum Nikolaustag zu bereiten. Welch eine Überraschung – fast schon ein kleines Wunder! Die Weihnachtsfeier war gut besucht. Wie immer haben sich die Kinder große Mühe gegeben, sei es beim Krippenspiel oder beim Basteln der Weihnachtsgeschenke. Mit jedem gemeinsamen Fest lernt man sich besser kennen und die Verbindungen zu den Angehörigen unserer Kinder werden intensiver und freundschaftlicher. Natürlich bekommen wir auch mehr Einblick in die Familiensituationen, was uns leider auch oft schockiert. So kam zum Beispiel eine Mutter diesmal nicht mit ihrem Mann, dem Vater der Kinder, die zu uns ins Zentrum kommen, sondern mit ihrem neuen Freund. Der Vater kam auf Wunsch der Mutter erst nach Ende der Veranstaltung. Die gesamte Familie lebt aber noch in einer Einzimmerwohnung. Der Vater in der Küche, die Mutter mit Liebhaber und Kindern im Wohnzimmer. Welch’ ein Verständnis von Familie bekommen diese Kinder von zu Hause mit?! Umso wichtiger, dass das Tageszentrum ein Ort ist, an dem sie andere Werte vermittelt bekommen.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass unsere immer wachsende Tageszentrumsfamilie mit jedem Jahr enger zusammenwächst. Das fällt nicht nur uns auf. Immer öfter hören wir von Leuten, besonders aus öffentlichen Stellen, dass bei uns eine besondere Atmosphäre herrscht. Dies war auch der Grund für ein überraschendes Geschenk, das uns zum ukrainischen Nikolaustag gemacht wurde. Ende November bekamen wir einen Anruf aus dem städtischen Jugendamt.. Sie teilten uns mit, dass eine ortsansässige Fensterbaufirma einer Einrichtung für Kinder ein Weihnachtsgeschenk in Form von neuen Fenstern machen möchte, und dass sie uns vorgeschlagen hätten. Wer uns in der kälteren Jahreszeit schon einmal in Odessa besucht hat, weiß, wie undicht die alten Fenster waren und wie kalt es deshalb in unseren Räumen war. Und tatsächlich wurden uns 14 neue Fenster eingebaut, was dann mit einem großen Fest am 19.12. gefeiert wurde. Dieser Tag hatte noch weitere Überraschungen für uns bereit: ein sehr nobles Restaurant hatte ein Bett vorbereitet und eine Autovermietung fuhr die Kinder in einer 12-Meter-langen Limousine und in zwei neuen Autos der Marke Mercedes spazieren. Presse und Lokalfernsehen waren auch bei uns zu Gast.

Immer wieder kommen neue Kinder zu unserer großen Familie hinzu – kostbare Werke Gottes, die es in ihren Herkunftsfamilien nicht leicht haben. Erst vor wenigen Wochen brachte das Jugendamt ein Geschwisterpaar zu uns, deren Mutter aufgrund ihrer Alkoholsucht sich nicht um die Kinder kümmert. Vika und Denis haben sich gut eingelebt, kommen regelmäßig und genießen es offensichtlich jetzt einen Ort zu haben, wo sie sich nach der Schule entspannen können. Ich habe schon oft geschrieben, dass wir an unsere Kapazitätsgrenzen kommen und mit jedem neuen Kind wird es enger bei uns. Noch dazu weil einige “abtrünnige” Teenager den Weg zurück zu uns gefunden haben. Umso schöner ist es, dass es mit dem Bau des zweiten Tageszentrums endlich voran geht. Die Fenster wurden endlich eingebaut. Es füllt mir schwer etwas über den weiteren Verlauf der Instandsetzung und letztendlich der Eröffnung zu sagen, aber wir hoffen zum Beginn des neuen Schuljahrs auch unsere Türen öffnen zu können. Dann wird das Zentrum wohl in etwa so aussehen, wie in den Plänen unseres Architekten auf dem Bild.

Seit September arbeitet mein Bruder Chris im Rahmen eines FSJ bei uns mit. Auch eine neue ukrainische Mitarbeiterin ist zu unserem Team hinzugekommen – Katja, 22 Jahre alt. Die größeren Kinder sind inzwischen auch Helfer und eine echte Stütze für unsere Arbeit.

Zu Beginn habe ich von kostbaren Begegnungen gesprochen. Die für mich wertvollste Bekanntschaft des vergangenen Jahres habe ich vor einigen Wochen gemacht. Von einem deutschen Ehepaar wurde ich gebeten ein 10-jähriges Mädchen in einem Internat in Odessa zu besuchen, um das sie sich gekümmert haben. Vika ist ohne Augen und mit weiteren Behinderungen vor allem im Gesichtsbereich geboren. Gleich nach ihrer Geburt haben sich ihre Eltern von ihr losgesagt und so wuchs sie in zwei verschiedenen Kinderheimen heran, die allerdings für geistig und körperlich schwerstbehinderte Kinder gedacht sind. Vika ist in ihrer Entwicklung zurückgeblieben, aber auf keinen Fall würde ich sie als geistig behindert bezeichnen. Seit unserem ersten Treffen hat sie einen besonderen Platz in meinem Herzen. Ich war erstaunt, als sie mich bei meinem zweiten Besuch sofort an meiner Stimme erkannte und ihrer Freude mit vollem Körpereinsatz Ausdruck verlieh. Die Leiterin des Spezialinternats für Blinde berichtete über die großen Fortschritte die Vika in der kurzen Zeit die sie bei ihnen ist (seit September 2007) gemacht hat. Ich habe mir vorgenommen mich soweit es meine Zeit und Kraft zulässt, um Vika zu kümmern. Zuerst werden wir versuchen, die medizinischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um ihr Leben zu erleichtern. Ein Gesichtschirurg, bei dem wir waren m?chte im Februar ihre Lippe operieren, die nicht vorhanden ist. Nach dieser OP hofft er, dass sie besser sprechen und essen kann. Weitere Operationen werden folgen. Wir werden Vika dabei begleiten. Traurig hat mich gemacht, dass sie das Neujahrsfest in einem Krankenhaus für psychisch Kranke verbringen wird. Alle anderen Kinder aus ihrem Internat kommen über die Feiertage bei Verwandten unter. Nur sie hat niemanden und so hat man das Problem auf diese Weise gelöst. Diese Tatsache macht mich auch hier in Deutschland immer wieder nachdenklich und ich hoffe, dass das die letzten Ferien für Vika sind, die sie so erleben muss.

Euch allen danken wir herzlich für die Unterstützung und Hilfe, die wir auch in diesem Jahr wieder von Euch erhalten haben. Ohne Euch wäre unser Dienst in Odessa nicht möglich.

Gott segne Euch und Eure Familien im Neuen Jahr!

Eure Familie Borisuk zusammen mit den Kindern und Mitarbeitern des Tageszentrums in Odessa.

Kontakt:
Fam. Borisuk
E-Mail: borisuk@web.de
Tel.: 0038 067 4851620

Bankverbindung:
Lebendige Hoffnung e.V.
Sparkasse Erzgebirge
Kt-Nr.: 3442001004
BLZ: 87054000