Update #4
LEBENDIGE HOFFNUNG ODESSA – HERMANNSDORF
Heute möchte ich wieder kurz weitergeben, wie unser Alltag als Geflüchtete und Zurückgebliebene aussieht und wie die Arbeit von Lebendige Hoffnung weitergeht.
Leider haben in den vergangenen Wochen die Angriffe im Osten und Süden der Ukraine zugenommen. Immer wieder wird auch Odessa zum Ziel von Raketenbeschuss. So wurde ein großes Einkaufszentrum, was nur circa 2 Kilometer von unserem Stadtteil entfernt ist, getroffen und größtenteils zerstört. Gott sei Dank befanden sich kaum Menschen dort, da es eine verlängerte Ausgangssperre gab. Ein Mensch wurde getötet, einige verletzt.
Einige verbliebene Mitarbeiter haben nun begonnen, eines unserer Tageszentren zu räumen. Wir haben als Leitung entschieden, dass wir aufgrund dessen, dass von uns weiter Mietzahlungen in voller Höhe gefordert werden, die Anzahl der Gebäude für die Zeit des Krieges reduzieren wollen. Slavik erzählte, dass es ein besonders trauriger Moment war, als sie die Fotos, die im ganzen Tageszentrum aufgehängt waren eingepackt haben. Vermehrt bekommen wir in den letzten Tagen wieder Anfragen, ob wir noch Menschen, bei der Flucht nach Deutschland unterstützen können. Auf der anderen Seite entscheiden sich viele, die aus dem Norden der Ukraine kommen, für eine Heimkehr. Bei vielen Gesprächen mit Geflüchteten spürt man die Unsicherheit und Angst, die sie auch in Deutschland nicht loswerden. Die Sorge und Sehnsucht nach zurückgebliebenen lieben Menschen, macht für viele die Integration in eine neue Umgebung sehr schwer. Und dann haben ja auch alle die Hoffnung, dass bald der Krieg zu Ende ist, und wir wieder nach Hause können. Letzte Woche sagte mir eine Mutter, die mit uns im Erzgebirge wohnt „Am meisten sehne ich mich nach dem Tag an dem du kommst und sagst, dass du den Bus für die Rückfahrt bestellt hast.“ Bis es so weit ist gibt es weiter viel zu tun. Weiterhin fühlen sich die Familien und Kinder im Erzgebirgskreis gut aufgehoben. Für eine Frau konnten wir schon eine Arbeitsstelle finden, die anderen lernen weiter Deutsch und bringen sich bei den hauswirtschaftlichen Dingen ein.
Unsere Kinder genießen die Schule und wir sind erstaunt wie gut einige Jugendliche in den letzten Wochen schon Deutsch gelernt haben. In den kommenden Wochen werden wir uns mit ihnen Gedanken, um ihre schulische Zukunft machen und versuchen für jeden Einzelnen eine gute Lösung zu finden. Mit zukünftigen Ausbildern, Lehrern und Verantwortliche für Freiwilligendienste besteht bereits reger Kontakt.
Wir freuen uns, dass wir gemeinsame Ausflüge anbieten können und dass uns viele Privatpersonen, Einrichtungen und Vereine dabei unterstützen. Ob beim gemeinsamen Picknick, Basteln, Grillen und Wandern – alles ist eine wertvolle Abwechslung und Ablenkung vom Alltag in einer fremden Umgebung. Vielen Dank allen, die dazu beitragen, dass wir uns willkommen fühlen.
Slavik verteilt weiter mit einem kleinen Team Hilfsgüter an Bedürftige in Odessa und anderen Teilen der Ukraine. Am letzten Wochenende konnte er Hilfe in ein Krankenhaus nach Mykolayiv bringen (circa 140 km östlich von Odessa). Katheder, Verbandsmaterial und medizinische Handschuhe wurden dankbar vom Chefarzt, der in Kriegszeiten seinen Kittel gegen Waffe und Militäruniform eintauschen musste, entgegen genommen. Bitte denkt weiter im Gebet an uns und alle, die vom Krieg betroffen sind. Besonders besorgt sind wir um das Leben und die Gesundheit, der Männer, die in der Armee dienen. Auch die wirtschaftliche Lage wird immer besorgniserregender. Benzin ist nur noch sehr begrenzt verfügbar und die Preise für Lebensmittel steigen stark an. Viele Zurückgebliebene haben Angst vor dem was in den nächsten Monaten auf sie zukommt. Doch wir wollen den Mut nicht aufgegeben und weiter einen wenn auch kleinen Beitrag dazu leisten, dass das Leben einzelner Menschen verbessert wird.
Ich habe in den letzten Wochen neben allen administrativen Tätigkeiten auch viele Vorträge und Andachten in verschiedenen Kirchgemeinden und Gemeinden gehalten. Auch in den kommenden Tagen stehen wieder einige Termine an. Wir sind dankbar für das große vorwiegend positive Interesse an dem, was wir erleben.
Für heute möchte ich schließen und am Schluss nochmal Danke sagen.
Herzlichst,
Slavik und Nicole mit den Mitarbeitern und Kindern aus Odessa